Sven Kloevekorn behauptet in seinem Facebook-Beitrag, die Verwaltung wolle einem Investor 121.700 € „schenken“. Er spricht von „Täuschungsversuch“, „rechtlichem Popanz“ und einer „transparenzfeindlichen Trickserin“. Zur Untermauerung verweist er auf Aktenzeichen des Bundesverwaltungsgerichts, ohne daraus zu zitieren. Kern seiner These: Die Anrechnung von bereits bestehendem Baurecht sei unzulässig und damit rechtswidrig.
Ich schreibe diesen Text, weil diese Darstellung so gebaut ist, dass sie schnell hängen bleibt: starke Etiketten, exakte Zahlen, Aktenzeichen als Autoritätsmarker und ein strenges Entweder-oder. Das wirkt auf den ersten Blick eindeutig, schiebt die öffentliche Meinung aber in eine Richtung, bevor die zentralen Fakten überhaupt auf dem Tisch liegen.
Der Einstieg des Beitrags setzt bewusst auf maximale Zuspitzung. Mit Begriffen wie „Täuschungsversuch“ und „Trickserin“ wird der Konflikt moralisch aufgeladen, noch bevor eine nüchterne Einordnung stattfindet. So verschiebt sich der Blick von der Regel- zur Personenfrage: Statt „Was gilt?“ wird „Wer trickst?“ verhandelt. Danach folgt das Muster „Ich habe es vorhergesagt“ – ein Selbstzertifikat für Deutungshoheit, das eine belastbare Begründung nicht ersetzt. Am Ende bleiben angeblich nur zwei Wege, einer „richtig“, einer „gesetzeswidrig“; Zwischenstufen oder einfache Sachprüfungen kommen nicht vor. Das ist ein enger Rahmen, der vor allem Druck erzeugt.
Auffällig sind die exakten Beträge und die Hinweise auf BVerwG-Aktenzeichen – ohne Leitsätze, ohne wörtliche Belege. Die genannten Aktenzeichen beziehen sich auf das Erschließungsbeitragsrecht. Hier geht es aber um Infrastrukturfolgekosten, die in Wedel über das Folgekostenkonzept und städtebauliche Verträge geregelt werden. Wer stillschweigend das eine Rechtsgebiet auf das andere überträgt, baut eine Brücke, die rechtlich nicht trägt. Dass auf direkte Zitate aus dem Urteil verzichtet wird, passt dazu: Die zu den Aktenzeichen gehörenden Urteile liefern für die behauptete Unzulässigkeit keinen tragfähigen Beleg.
Ein zentrales Detail bleibt ausgelassen: Die von Kloevekorn kritisierte Praxis – die Anrechnung von bereits bestehendem Baurecht als Ausgangsbasis – ist im Wedeler Folgekostenkonzept ausdrücklich festgelegt. Dort steht, dass bei vorhandenem Baurecht nur der durch die neue Planung zusätzlich ausgelöste Bedarf belastet wird. Bemerkenswert ist, dass Kloevekorn dieses Konzept in der Vergangenheit mehrfach lobend hervorgehoben hat – mit sichtbarem Stolz. Vorschläge, einzelne Punkte anzupassen, hat er häufig in scharfem Ton bis hin zu Beleidigungen quittiert. Jetzt blendet er den Kernmechanismus aus und rahmt ihn als „rechtswidrig“: Das passt nicht zusammen.
Der Beitrag arbeitet außerdem mit emotionalen Triggern wie „Störgefühl“ und „geschenkt“. Solche Begriffe adressieren das Bauchgefühl, klären aber nicht die entscheidende Sachfrage: Gab es im betroffenen Bereich tatsächlich älteres Baurecht? Wenn ja, erklärt sich die Anrechnung direkt aus der in Wedel beschlossenen Grundlage. Wenn nein, gibt es nichts anzurechnen. Mehr braucht es für eine faire Beurteilung nicht.
Unterm Strich wirkt der Beitrag weniger wie eine rechtliche Einordnung als wie ein Versuch, Stimmung zu drehen: starke Frames, juristischer Anschein ohne belastbares Fundament und ein künstlich verengter Entscheidungsraum. Das schafft Misstrauen, aber keine Klarheit. Entscheidend sind die einfachen, überprüfbaren Punkte – und die stehen im Wedeler Konzept schwarz auf weiß.
Quellen
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