Meine Meinung: Warum Wedel Marketing die Innenstadtentwicklung übernehmen soll

Seit Jahren diskutieren wir in Wedel über die Entwicklung unserer Innenstadt – genau genommen seit 2011. Immer wieder wurden Konzepte angekündigt, erarbeitet, wieder verworfen oder in Schubladen gelegt. Passiert ist: nichts. Seit gut zwei Jahren gibt es sogar eine Citymanager-Stelle im Stellenplan – allerdings mit Sperrvermerk, weil die inhaltliche Grundlage fehlte.

Diese Grundlage haben wir inzwischen: Das Innenstadtentwicklungskonzept wurde im Frühjahr beschlossen. Es analysiert die Schwächen unserer Innenstadt, benennt Herausforderungen und zeigt konkrete Handlungsmöglichkeiten. Endlich liegt ein Kompass vor, der uns sagt, wohin die Reise gehen kann.

Die drei Varianten zur Umsetzung

Variante 1: Citymanager-Stelle in der Verwaltung

Variante 2: Erhöhung des Zuschusses an Wedel Marketing, befristet auf drei Jahre

Variante 3: Erhöhung des Beitrags an Wedel Marketing mit Leistungsvereinbarung und zusätzlicher Umsatzsteuerlast

Warum nicht Variante 1?

  • Mangelnde Innovationskraft und Dynamik: Verwaltungseinheiten sind stärker an formale Prozesse gebunden und weniger flexibel in der Anpassung an schnell wechselnde Bedürfnisse wie Pop-up-Aktionen oder Events.
  • Begrenzte Einbindung: Ein Verein wie Wedel Marketing vernetzt Gewerbetreibende, Immobilienbesitzer und Ehrenamtliche besser – diese Stimmen fehlen in einer rein verwaltungsgesteuerten Struktur.
  • Risiko der Überbürokratisierung: Längere Entscheidungswege können Umsetzung und Motivation bremsen.
  • Weniger Transparenz und direkte Kommunikation: Ein Verein mit Geschäftsstelle ist näher an Bürgern, Unternehmern und Kunden als eine Behörde.
  • Fehlende externe Finanzierungsmöglichkeiten: Sponsoring und Kooperationen sind für einen Verein leichter zu akquirieren.
  • Kein Branding und weniger Identifikation: Wedel Marketing kann über eine eigene Marke wie „Moin Wedel“ stärker Identität stiften als eine anonyme Verwaltungsstelle.

Warum nicht Variante 3?

Eine Leistungsvereinbarung klingt auf den ersten Blick attraktiv, bringt aber den Nachteil, dass Umsatzsteuer fällig wird. Das macht die Variante für den städtischen Haushalt teurer, ohne dass es inhaltlich wirkliche Vorteile gäbe.

Warum ich für Variante 2 gestimmt habe

  • Kosteneffizienz: Variante 2 ist die günstigste Lösung für die Stadt.
  • Flexibilität: Wedel Marketing kann schnell und pragmatisch handeln, ohne in Verwaltungsstrukturen zu verharren.
  • Sponsoring und Ehrenamt: Bereits jetzt liegen Zusagen von Sponsoren vor – aber nur unter der Voraussetzung, dass Wedel Marketing gestärkt wird. Auch das ehrenamtliche Engagement hängt daran, dass es eine sichtbare Geschäftsstelle und eine zentrale Plattform wie „Moin Wedel“ gibt.
  • Schnelle Umsetzung: Mit Variante 2 kann schon 2026 ein sichtbares Leuchtturmprojekt starten – der Pop-up-Store in der Bahnhofstraße.

Stadtmarketing-Vereine: ein bundesweiter Trend

Wedel ist mit diesem Weg nicht allein. Viele Städte setzen seit Jahren erfolgreich auf Stadtmarketing-Vereine oder City-Initiativen, die eng mit den Kommunen zusammenarbeiten:

  • Freiburg: Stadtinitiative „Gemeinsam Freiburg e.V.“ mit 150.000 Euro Förderung jährlich.
  • Karlsruhe: City Initiative Karlsruhe e.V. mit über 6.000 Unternehmen und erfolgreichen Projekten wie Influencer-Kampagnen und Leerstandsmanagement.
  • Hamburg: City Management Hamburg vertritt seit über 20 Jahren 850 Unternehmen im Stadtzentrum.
  • Dortmund: Cityring e.V. betreibt mit der Stadt ein gemeinsames Citymanagement.
  • Lübeck: Mit Projekten wie „Übergangsweise“ werden Leerstände kreativ für Pop-up-Konzepte genutzt.

Diese Beispiele zeigen: Kooperationen zwischen Stadt und Stadtmarketing-Vereinen sind ein bewährtes Erfolgsmodell. Sie verbinden die Stabilität kommunaler Förderung mit der Dynamik privater Netzwerke.

Einordnung zur Aussage von Prof. Dr. I. Wistuba

Die Aussage von Prof. Dr. I. Wistuba, dass Unternehmen und Kommunen möglichst eigenverantwortlich handeln sollten, greift für modernes Stadtmarketing zu kurz.

  • Komplexität: Innenstadtentwicklung braucht spezielles Know-how, das Verwaltungen allein oft nicht leisten können.
  • Ressourcenknappheit: Verwaltungen sind personell stark gebunden, Vereine können flexibler handeln.
  • Synergien: Vereine bündeln Akteure aus Wirtschaft, Handel, Tourismus und Ehrenamt.
  • Unabhängigkeit: Vereine können neutraler agieren und innovative Projekte anstoßen.
  • Praxis: Viele Kommunen zeigen, dass externe Stadtmarketing-Vereine die Attraktivität der Innenstädte erhöhen.

Fazit: Verwaltung und Politik bleiben wichtig für die strategische Steuerung. Für die operative Umsetzung sind jedoch externe Vereine oft die bessere Wahl. Genau deshalb ist die Entscheidung, das Citymanagement bei Wedel Marketing e.V. anzusiedeln, richtig.

Mein Fazit

Wir diskutieren über die Innenstadtentwicklung nicht erst seit drei Monaten, sondern seit 14 Jahren. Es ist höchste Zeit, endlich zu handeln. Variante 2 bietet die besten Chancen, das Innenstadtentwicklungskonzept schnell, kostengünstig und mit Beteiligung vieler Akteure umzusetzen – und es ist ein Weg, den zahlreiche Städte in Deutschland längst erfolgreich gehen.

Darum habe ich in der Ratssitzung für Variante 2 gestimmt.

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    Da stimme ich Ihnen in weiten Teilen zu – insbesondere was die Notwendigkeit angeht, diesen „Schandfleck“ endlich sinnvoll zu entwickeln. Eine wirtschaftliche Nutzung mit dem Ziel, neue Arbeitsplätze und Steuereinnahmen zu generieren, ist aus Sicht der CDU absolut wünschenswert. Was mögliche Ansiedlungen wie DHL betrifft: Bisher liegen uns[…]
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