Kritik braucht Substanz – nicht Seitenhiebe

Auf Facebook hat Gernot Kaser Bürgermeister a.D.  kürzlich die Entscheidung kommentiert, dass Wedels Erste Stadträtin künftig auch Aufgaben der büroleitenden Beamtin übernimmt. Was auf den ersten Blick wie eine kritische Auseinandersetzung mit Verwaltungsstrukturen aussieht, entpuppt sich beim genaueren Hinsehen als eine Mischung aus Unterstellungen, Halbwissen und Polemik.

Ich halte es für wichtig, bei aller politischen Differenz über Fakten zu sprechen. Und die sprechen in diesem Fall eine klare Sprache.

1. Die Bürgermeisterin bleibt verantwortlich – mit oder ohne Fachbereichsleitung

Kaser behauptet sinngemäß, unsere Bürgermeisterin könne sich durch die neue Aufgabenverteilung aus der Verantwortung ziehen, ja sogar „Golf spielen gehen“. Das ist nicht nur respektlos, sondern vor allem sachlich falsch.

Die Gemeindeordnung Schleswig-Holsteins (§ 56) stellt klar: Die Bürgermeisterin ist und bleibt Leiterin der Verwaltung. Sie trägt die Gesamtverantwortung – auch wenn operative Aufgaben delegiert werden. Die Vorstellung, sie sei nur noch Repräsentantin ohne Einfluss, ist schlicht Unsinn.

2. Die Rolle der büroleitenden Beamtin wird überzeichnet

Kaser zeichnet das Bild einer büroleitenden Beamtin als strategisches Machtzentrum der Verwaltung – losgelöst von der Bürgermeisterin. Auch das ist sachlich nicht haltbar. Die Büroleitung dient der internen Steuerung, Koordination und Unterstützung der Verwaltungsführung – nicht der Machtausübung in eigener Sache. Sie arbeitet unter der Leitung der Bürgermeisterin, nicht neben oder über ihr.

3. Personalunion ist gängige Praxis

Dass eine Person sowohl einen Fachbereich führt als auch die Büroleitung übernimmt, mag herausfordernd sein – ist aber in vielen Städten vergleichbarer Größe gängige Praxis. Die Eignung dafür hängt nicht am Titel, sondern an Kompetenz, Organisationstalent und Erfahrung. Pauschal zu unterstellen, das könne nicht funktionieren, wird der Sache nicht gerecht.

4. Polemik ersetzt keine Verantwortung

Besonders befremdlich finde ich den zynischen Abschluss von Kasers Beitrag: „TEAM – Toll Einer Allein Macht die Arbeit“. Solche Sprüche mögen in sozialen Medien für Aufmerksamkeit sorgen – sie leisten aber keinen Beitrag zur Diskussion um die besten Strukturen für unsere Verwaltung. Sie stellen Persönlichkeiten bloß und säen Misstrauen.

Wenn man Verwaltung ernst nimmt – und ich tue das –, dann muss man sich auch die Mühe machen, ihre Strukturen, Herausforderungen und Verantwortlichkeiten differenziert zu betrachten. Dazu gehört auch, anzuerkennen, dass Führungsmodelle sich weiterentwickeln – und dass das nicht automatisch etwas mit Schwäche oder Verschiebung von Verantwortung zu tun hat.


Mein Fazit:

Statt die Verwaltung pauschal zu verurteilen oder einzelne Führungspersonen ins Lächerliche zu ziehen, sollten wir anerkennen, wie komplex moderne Verwaltungsarbeit geworden ist. Verantwortung heißt nicht, alles selbst zu machen – sondern dafür zu sorgen, dass das Ganze gut funktioniert. Wer das nicht sehen will, hat entweder kein Interesse an guter Verwaltung oder keine Ahnung davon.

PS: Vielleicht hat Herr Kaser einfach vergessen, dass er selbst – sinngemäß – im Interview vom 21.02.2024 sagte: „Ich präferiere das Modell Rendsburg, bei dem einer der Fachbereichsleiter zusätzlich die Funktion des büroleitenden Beamten übernimmt.“ (sinngemäßes Zitat, Quelle: YouTube-Kanal „WedelNews“, Interview mit Bürgermeister Kase, 21.04.2024, ca. Minute 11:00)

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