Die P+R-Anlage am Wedeler Bahnhof steht sinnbildlich für ein Problem, das viele Kommunen kennen: Ein Bauwerk, das ursprünglich als moderne Verkehrslösung gedacht war, ist in die Jahre gekommen, technisch überholt und finanziell zu einer Dauerbelastung geworden. Spätestens seit dem Brand im Juli 2025 ist klar: So wie bisher kann es nicht weitergehen. Doch welche Optionen bleiben, wenn gleichzeitig der städtische Haushalt auf Sanierungskurs ist?
1. Ausgangslage: Ein Bauwerk mit Geschichte und Problemen
Die Anlage wurde Mitte der 1980er-Jahre gebaut. Sie ist kein vollständig unterirdisches Parkhaus, sondern ein halbunterirdisches Bauwerk, das an der Nord- und Ostseite offen ist. Das Gelände fällt in Richtung Auweidenweg ab. Mittlerweile drückt das Grundwasser dauerhaft. Über Fugen und Risse dringt Feuchtigkeit ein, die Entwässerung läuft nur durch permanente Pumpen. Bereits 2016 musste aufwendig eine Drainage gebaut werden, um das Wasser abzuleiten.
Die Unterhaltungskosten sind entsprechend hoch. In den Unterlagen der Stadt wird von bis zu 200.000 Euro jährlich gesprochen – für Strom, Wartung, Reinigung, Drainagebetrieb und kleinere Instandsetzungen. Hinzu kommen Untersuchungen, Gutachten und Sanierungsmaßnahmen. Eine Bauwerksprüfung ergab die Gesamtnote 2,7 – also ein nur befriedigender Zustand. Der Brand im Sommer 2025 hat die Situation verschärft: Ruß, Hitze und Löschwasser haben die Statik beeinträchtigt, die Anlage ist seitdem gesperrt. Bevor überhaupt über eine Wiedereröffnung gesprochen werden kann, müssen Reinigung, Tragwerksbewertung und ein Instandsetzungsgutachten erfolgen. Die Versicherung prüft noch, welche Schäden übernommen werden.
2. Finanzielle Rahmenbedingungen: Konsolidierung als Leitplanke
Die Stadt Wedel steht unter massivem finanziellen Druck. Der Haushaltskonsolidierungspfad bis 2028 verlangt Einsparungen in fast allen Bereichen. Gleichzeitig stehen weitere Großprojekte an – etwa die Sanierung der Moorwegschule, Badebucht oder Feuerwache. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Ist es vertretbar, in ein Bauwerk zu investieren, das seit Jahren hohe Folgekosten verursacht und für Pendler zwar wichtig, aber nicht zwingend in dieser Form notwendig ist?
3. Denkbare Richtungen
a) Aufgabe des Unterdecks
Eine Variante, die in den Vorlagen bereits erwähnt wird, ist die vollständige Aufgabe des Unterdecks. Die Zahl liegt bei rund 500.000 Euro einmalig. Damit würde die Stadt das Bauwerk verfüllen, die Drainage stilllegen und die ständigen Wartungskosten beenden. Übrig bliebe eine ebene Fläche, die oberirdisch als Parkplatz genutzt werden kann. Der finanzielle Vorteil liegt in der Entlastung künftiger Haushalte – keine Pumpen, keine Feuchtigkeit, keine jährlichen Prüfungen. Der Nachteil: Es gehen Stellplätze verloren, und das Erscheinungsbild am Bahnhof müsste neu gestaltet werden.
b) Teilnutzung und Übergangslösung
Eine zweite Idee wäre, nur das obere Parkdeck wieder in Betrieb zu nehmen und das Unterdeck dauerhaft zu sperren. So könnten zumindest einige Stellplätze erhalten bleiben, bis eine langfristige Lösung gefunden ist. Der Aufwand wäre geringer als bei einer Vollsanierung, aber die Grundprobleme – Feuchtigkeit, Drainage, laufende Wartung – blieben bestehen. Eine Förderung wäre für eine solche Teillösung unwahrscheinlich.
c) Komplette Sanierung oder Neubau
Die aufwendigste, aber auch ambitionierteste Variante wäre eine grundlegende Sanierung oder ein Neubau. Die Verwaltung arbeitet derzeit an Varianten und Kostenschätzungen, die in einer späteren Beschlussvorlage vorgelegt werden sollen. Förderprogramme könnten eventuell die Kosten teilweise abfedern. Doch selbst bei hoher Förderung bliebe ein Eigenanteil, der angesichts der Haushaltslage schwer zu stemmen wäre. Technisch wäre ein Neubau die nachhaltigste Lösung – aber nur, wenn er nicht zur neuen Dauerlast wird.
4. Ergänzende Idee: Öffentlich-private Partnerschaft (PPP)
Ein weiterer Denkansatz könnte in einer öffentlich-privaten Partnerschaft liegen. Der Gedanke: Die Stadt stellt die Fläche und sorgt für die öffentliche Erschließung – also z. B. das Parken für Pendler, Radverkehr und Busanbindung – während ein privater Partner die darüberliegenden Ebenen entwickelt und finanziert. Denkbar wäre eine Kombination aus unterirdischem öffentlichen Parken, einem kleinen Busbahnhof und einer darüberliegenden Wohn- oder Mischbebauung.
Es würde allerdings zusätzlich zu den rechtlichen Hürden einer PPP, erhebliche planerische und rechtliche Anforderungen mit sich bringen: Eigentumsfragen, Förderrecht, Baugrundrisiken und die Einbindung in den bestehenden Bahnhofsvorplatz. Wichtig wäre, dass ein solches Projekt städtebaulich sauber integriert wird und nicht zu einem Fremdkörper im historischen Zentrum wird.
In anderen Städten gibt es bereits vergleichbare Konzepte, bei denen Parken, Wohnen und Nahverkehr in einem Gebäude kombiniert wurden. Für Wedel könnte das – wenn die Grundstücksverhältnisse und die Topographie es erlauben – ein langfristiger Ansatz sein. Voraussetzung wäre ein belastbares Investoreninteresse, klare vertragliche Regelungen und politische Bereitschaft, Verantwortung zu teilen.
5. Fazit dieses Brainstormings
Die Wedeler P+R-Anlage ist ein Symbol dafür, wie technische, finanzielle und planerische Fragen ineinandergreifen. Jahrzehntelang wurde instandgesetzt, geflickt und nachgebessert. Jetzt, nach dem Brand, besteht die Chance, grundsätzlich neu zu denken: Braucht Wedel hier wirklich wieder dasselbe Bauwerk – oder ist die Zeit reif für einen Neustart?
Ob dieser Neustart als einfacher Rückbau, als Teilnutzung, als geförderter Neubau oder als öffentlich-private Partnerschaft erfolgt, hängt von mehreren Faktoren ab: von der Höhe möglicher Förderungen, vom politischen Willen zur Priorisierung und von der Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Eines ist sicher: Eine Lösung, die dauerhaft hohe Folgekosten produziert, wird im Konsolidierungshaushalt kaum Bestand haben.


