Sondersitzung zum Gründer- und Technologiezentrum (GTZ) am 09.09.2025

Kurzfassung: Das große, gemischt genutzte GTZ-Modell (Gründer + KMU/F&E) trägt sich wirtschaftlich nicht und ist so beihilferechtlich nicht genehmigungsfähig. Zudem kollidierte die ursprüngliche Eigentümer-/Finanzierungslogik mit der Steuerbegünstigung der WEP. Übrig bleibt als Option ein kleineres GTZ ausschließlich für Gründerinnen und Gründer. Dieses wäre rechtlich machbar, aber dauerhaft auf einen Betriebskostenzuschuss angewiesen.


Anlass und Rahmen

Am 09. September 2025 trafen sich der Ausschuss für Wirtschaft, Regionalentwicklung und Verkehr (Kreis Pinneberg) und der Haupt- und Finanzausschuss Wedel zu einer Sondersitzung. Thema: der aktuelle Stand zum geplanten GTZ in Wedel, vorgestellt durch WEP (Projektüberblick), CIMA (Inhalte, Flächen, Wirtschaftlichkeit) und EY (Betreiberstruktur, Steuern, Beihilferecht). Ziel war eine nüchterne Bestandsaufnahme und die Klärung, ob und wie das Projekt weiterverfolgt werden kann.


Die Ursprungsidee und ihr Versprechen

Die Grundidee seit 2022/2023: ein Zentrum am Standort Wedel, fachlich ausgerichtet auf „Messen, Steuern, Regeln“ als Ergänzung zur Metropolregion und zur FH Wedel. Geplant war ein Haus mit flexiblen Büro-, Labor- und Werkstattflächen, das Gründungen fördert und Wissenstransfer erleichtert.

Die Machbarkeitsarbeit führte zu zwei Linien:

  • „Großes GTZ“ mit Flächenmix für Gründer und für KMU/F&E.

  • „Kleines GTZ“ ausschließlich für Gründer, mit späterer Erweiterungsfähigkeit.


Was die Zahlen zeigen

Großes GTZ: dauerhaft im Minus

Selbst bei steigender Auslastung bleibt der Cashflow negativ; Abschreibungen halten die Wirtschaftlichkeit langfristig unter Null. Das Modell würde auf Jahre Zuschüsse benötigen.

Kleines GTZ: tragfähiger, aber kein Selbstläufer

Das reine Gründerzentrum ist deutlich schlanker. Es bleibt jedoch ein Zuschussbetrieb. Beispielrechnung: in den ersten zehn Jahren durchschnittlich rund 151 Tsd. € Unterdeckung p. a. bei gut 895 m² vermietbarer Fläche, damit deutlich unter Vergleichsstandorten – aber eben nicht kostendeckend.


Recht und Steuern: die harten K.O.-Kriterien

  • Beihilferecht: Lokale Infrastruktur nach Art. 56 AGVO darf nicht mit öffentlichen Mitteln in laufenden Betriebsverlusten gestützt werden. Das große GTZ bräuchte aber genau solche Ausgleichszahlungen. Ergebnis: in der vorliegenden Kalkulationslogik nicht beihilferechtskonform. Nur bei deutlich reduziertem Fremdkapital und positivem Cashflow wäre eine andere Bewertung denkbar.

  • Steuerrecht (WEP): Die Ursprungsidee aus 2023 hätte die Steuerbegünstigung der WEP gefährdet, weil nicht ausschließlich an Gründer vermietet worden wäre. WEP-Zuschüsse an eine Besitzgesellschaft sind zudem unzulässig. Diese Struktur schied aus.

Für das kleine GTZ gibt es einen rechtlich sauberen Pfad: WEP erwirbt ein kleineres Grundstück, wird Eigentümerin/Betreiberin, vermietet nur an Gründer und nutzt einen Teil selbst; die investive Förderung kann als DAWI-Betrauung oder über Art. 56 AGVO erfolgen.


Varianten im Überblick

1) Großes GTZ (Gründer + KMU/F&E)

  • Strukturidee: Besitz-KG von Stadt und Kreis, Vermietung teils an WEP/Gründer, teils an KMU/F&E; gewerbliche Schwester-WEP für Verwaltung/Vermarktung.

  • Fazit: Wirtschaftlich dauerhaft negativ, Ausgleich der Verluste beihilferechtlich nicht zulässig. Damit in dieser Form nicht umsetzbar.

2) Kleines GTZ (nur Gründer, WEP als Eigentümerin)

  • Kerngedanke: Reduzierter Umfang, gleiche Gründerflächen wie im großen Konzept, aber ohne KMU/F&E-Anteile; Gebäude modular und erweiterbar.

  • Finanz-/Betriebslogik: Invest im einstelligen Millionenbereich; laufend moderater Zuschussbedarf, der politisch zu priorisieren wäre.


Inhalte und Flächen: was im Haus passieren soll

CIMA empfiehlt für den ersten Bauabschnitt einen hohen Büroanteil und flexible Labore/Werkstattzonen. Unterkellerungen werden wegen möglicher Altlasten nicht empfohlen. Ziel ist hohe Zweitverwendungsfähigkeit und Skalierbarkeit.


Was bedeutet das politisch?

WEP bat AfWRV und HFA, über Ausrichtung und Weiterverfolgung zu beraten. Für den „Go“-Fall wurden nächste Schritte skizziert: Architektenleistung ausschreiben, Kosten präzisieren, Bauherr festlegen, Mittel bereitstellen. Eine Realisierungsentscheidung fiel in der Sitzung nicht.


Einordnung für Bürgerinnen und Bürger

  • Das große, gemischte Zentrum war der ursprüngliche Traum: ein Haus für Gründer, Forschung und etablierte KMU unter einem Dach. Die nüchternen Rechnungen zeigen jedoch rote Zahlen auf Dauer. Diese Betriebsverluste dürften öffentlich nicht ausgeglichen werden. Rechtlich fällt das Modell damit durch. Parallel hätte die alte Eigentümer-/Finanzierungslogik die Steuerbegünstigung der WEP gefährdet.

  • Das kleine GTZ bleibt als realistische Option: klarer Fokus auf Gründer, rechtlich sauberer Förderpfad, aber ein politisch zu tragender Zuschussbedarf im Betrieb. Vorteil: schlanker, steuer- und beihilferechtlich machbar, inhaltlich passgenau für Gründungen im Profil „Messen, Steuern, Regeln“.


Der ursprüngliche Plan funktioniert nicht, weil er zwei Hürden reißt: Wirtschaftlichkeit (dauerhafte Unterdeckung) und Beihilferecht (Verluste dürfen nicht subventioniert werden). Zusätzlich war die anfängliche Struktur steuerlich nicht tragfähig für die WEP. Übrig bleibt ein deutlich kleineres, fokussiertes GTZ, das rechtlich gangbar ist, den Standort stärken kann, aber eine ehrliche Entscheidung für einen dauerhaften Betriebskostenzuschuss erfordert. Genau darüber muss die Politik jetzt entscheiden.

Abendblatt Artikel zum Thema

Zum Protokoll der Sitzung

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