Mehr Zebrastreifen möglich: Was die StVO-Reform 2024/25 für Kommunen in Schleswig-Holstein ändert

Seit der StVO-Novelle vom 11. Oktober 2024 und der überarbeiteten VwV-StVO (in Kraft seit 10. April 2025) können Kommunen neue Fußgängerüberwege („Zebrastreifen“) leichter anordnen. Starre Nachweise weichen einer begründeten Ermessensentscheidung – die technischen Sicherheitsstandards bleiben verbindlich.

Kurz zusammengefasst: Was ist neu?

  • Mehr Ermessensspielraum: Für neue FGÜ reicht eine nachvollziehbare Begründung des Querungsbedarfs; starre Mindestwerte sind nicht mehr zwingend.
  • R-FGÜ als Arbeitshilfe: Technische Richtlinien bleiben maßgeblich, sind aber rechtlich Empfehlungen – Sicherheit bleibt Pflicht.
  • Beschleunigte Verfahren: Weniger aufwändige Nachweise, schnellere Entscheidungen – besonders an Schulen, ÖPNV-Haltestellen und Nahversorgungsachsen.
  • Grenzen bleiben: Unübersichtliche Lagen, Knoten-Nähe oder „grüne Wellen“ können gegen einen FGÜ sprechen.

Rechtslage im Überblick

Die StVO-Novelle vom 11.10.2024 erweitert Ziele und Ermächtigungen zugunsten des Fuß- und Radverkehrs. Die neue VwV-StVO (seit 10.04.2025) setzt das in Praxis um: Für § 26 StVO (Fußgängerüberwege) gilt, dass die Anordnung neuer FGÜ nicht mehr an starre Nachweis-Schwellen gebunden ist. Kommunen begründen fachlich den Bedarf und stellen zugleich die technische Sicherheit sicher (Sicht, Beleuchtung, Markierung/Beschilderung, Barrierefreiheit, je Fahrtrichtung maximal ein Fahrstreifen, innerorts).

Was bleibt verbindlich?

  • Sicherheit zuerst: gute Sichtbeziehungen, eindeutige Erkennbarkeit wartender Personen.
  • Technik: normgerechte Beleuchtung, Markierung, Beschilderung und barrierefreie Bordabsenkungen.
  • Lagewahl: keine unmittelbare Nähe zu Lichtsignalanlagen, keine Bussonderfahrstreifen, keine abknickende Vorfahrtssituationen, innerorts und je Richtung maximal ein Fahrstreifen.

Die Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ) bleiben der anerkannte Stand der Technik. Abweichungen sind möglich, müssen aber sicherheitlich tragfähig begründet werden.

Was ist nun leichter – und wo sind Grenzen?

Kommunen können neue FGÜ anordnen, wenn ein qualitativ nachvollziehbarer Querungsbedarf besteht – zum Beispiel im Umfeld von Schulen, ÖPNV-Haltestellen, Bahnhöfen oder Nahversorgung. Aufwändige Zählungen nach festen Tabellen sind nicht mehr zwingend. Dennoch ist die Maßnahme kein „Freifahrtschein“: Kurvenlagen mit Gefälle, kurze Abstände zu Knoten oder die Aufhebung einer „grünen Welle“ auf Hauptachsen können gegen einen FGÜ sprechen. In solchen Fällen kommen Alternative Querungshilfen wie Mittelinseln oder eine Lichtsignalanlage in Betracht.

Beispiel aus Wedel (UBF-Kontext)

In der Mitteilungsvorlage MV/2025/046 wurde die Anordnung eines FGÜ an der B 431 (Mühlenstraße, Bereich Caudryplatz/Schulstraße) geprüft. Trotz der neuen Spielräume sprechen die Fachargumente (Kurvenlage, Gefälle, Knoten-Nähe, Rückstaurisiken) gegen einen Zebrastreifen. Als sichere Alternative bleibt eine Lichtsignalanlage möglich – vorbehaltlich der Zustimmung des Straßenbaulastträgers.

Praxisleitfaden für Kommunen in SH

  1. Bedarf begründen: Wer quert wo und warum? Schulwege, ÖPNV, Nahversorgung, Wegeketten dokumentieren.
  2. Standort prüfen: Sicht, Gefälle/Kurven, Knotenabstände, Parkstände, ÖV-Bezug, bestehende Signalsteuerungen („grüne Welle“).
  3. Technik festlegen: Beleuchtung, Markierung/Beschilderung, taktile Elemente, barrierefreie Auftritte; R-FGÜ als Standard verwenden.
  4. Alternativen abwägen: Mittelinseln, LSA (ggf. Anforderungstaster), begleitende Tempo-30-Anordnungen im Umfeld.
  5. Transparent entscheiden: Abwägung und Beteiligungen (Polizei, Straßenbaulastträger/LBV) dokumentieren.

FAQ

Gilt die Erleichterung auch für bestehende Zebrastreifen?

Die Reform zielt primär auf neue Anordnungen. Bestehende Anlagen sind weiterhin regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen; die neuen Grundsätze können dabei als Leitlinie dienen.

Kann automatisch Tempo 30 angeordnet werden?

Tempo-30-Anordnungen sind generell erleichtert worden, bleiben aber einzelfallbezogen zu begründen (Schutz-/Sicherheitsziele, Netzfunktion).

Quellen (Auswahl)

  • StVO-Novelle (in Kraft seit 11.10.2024), konsolidierte Darstellung: buzer.de
  • VwV-StVO, 12. Änderungs-VwV (in Kraft seit 10.04.2025) – amtliche Bekanntmachungen/Hintergrund: Bundesrat-Drucksache
  • ADFC-Überblick zur Reform mit Fußverkehrsbezug: adfc.de
  • Praxis: Ausstattung & Anforderungen an FGÜ (R-FGÜ-Bezug): stvo2go.de
  • Wedel: Mitteilungsvorlage MV/2025/046 (UBF), Prüfergebnis zu FGÜ an der B 431 (Dokument im Ratsinformationssystem).

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