Wie politische Diskussionen auf Facebook laufen sollten – und was „Wedel – Germany“ tun könnte, um besser zu werden
In einer idealen Welt wäre eine Facebook-Gruppe zur Wedeler Politik ein Ort des Austauschs, des Lernens, der Neugier. Bürgerinnen und Bürger könnten ihre Fragen, Sorgen und Ideen teilen – und würden mit Respekt, Sachlichkeit und ehrlichem Interesse gehört. Die Diskussionen wären nicht immer harmonisch, aber konstruktiv. Es gäbe klare Regeln, faire Moderation, und niemand müsste Angst haben, sich einzubringen.
Doch diese ideale Diskussionskultur entsteht nicht von selbst. Sie braucht Regeln – nicht nur technische, sondern kulturelle. Sie braucht Moderation, die auf die Einhaltung der Regeln achtet. Und sie braucht ein Selbstverständnis: Diese Gruppe ist ein öffentlicher Raum für demokratischen Austausch – nicht nur ein digitales Schwarzes Brett oder ein Ort für Frust und Schlagabtausch.
Die Gruppe „Wedel – Germany“ ist ein wichtiges Forum für lokale Themen. Sie erreicht viele Menschen, sie bietet Raum für Hinweise, Kritik und Beobachtungen. Doch gerade wenn es politisch wird – etwa bei Debatten über die Badebucht, Bauprojekte oder städtische Entscheidungen – zeigt sich: Es fehlen die Voraussetzungen für einen respektvollen und sachlich fundierten Austausch. Statt Argumenten regieren Unterstellungen. Statt Neugier dominiert Misstrauen. Und nicht selten geraten die Beiträge in eine aggressive oder spöttische Tonlage, die politische Ehrenamtliche und Verwaltungsmitarbeitende abschreckt.
Die bestehenden Gruppenregeln setzen einige sinnvolle Leitplanken: Wedel-Bezug, keine Werbung, kein respektloses Verhalten, keine rechtlichen Drohgebärden. Aber sie greifen zu kurz, wenn es um das geht, was in Wahrheit das größte Problem darstellt – den Stil der Diskussion.
Darum mein Appell an die Administratoren und Moderatoren von „Wedel – Germany“:
Erweitern Sie die Regeln. Stärken Sie die Diskussionskultur. Formulieren Sie Standards für politische Beiträge. Beispiele dafür wären:
-
Kritik ist willkommen – aber bitte mit Argumenten, nicht mit Unterstellungen.
-
Meinungsfreiheit endet nicht – aber sie braucht Gegenredefähigkeit. Wer austeilt, sollte auch einstecken können.
-
Beiträge, die Verwaltung oder Ratsmitglieder pauschal angreifen, sollen belegt oder hinterfragt werden.
-
Nachfragen ist erlaubt – auch von politischen Gegnern.
Nach allem, was in den vorangegangenen Teilen dieser Serie sichtbar wurde – von persönlichen Angriffen über Halbwahrheiten bis hin zur gezielten Diskreditierung ehrenamtlich engagierter Menschen – bleibt ein bedrückender Eindruck: Die Facebook-Gruppe „Wedel – Germany“ ist kein Ort für politische Diskussion im besten Sinne. Sie ist ein Raum, in dem Misstrauen, Wut und Häme oft lauter sind als Argumente, Fakten oder der Wille zum Austausch.
Das muss nicht so sein.
Politische Diskussionen können anders laufen. Sie können respektvoll sein, offen, neugierig. Sie können auch streitbar sein – aber ohne verletzend zu werden. Sie können dazu beitragen, dass eine Stadtgesellschaft zusammenwächst, statt sich weiter zu spalten. Dafür braucht es nicht viel: ein paar klare Regeln, ein gemeinsames Verständnis von Fairness – und die Bereitschaft, als Administratoren nicht nur Inhalte zuzulassen oder zu löschen, sondern Verantwortung zu übernehmen für den Ton, den man setzt.
Die Gruppe „Wedel – Germany“ hätte das Potenzial, ein echter Ort des Austauschs zu sein – ein digitaler Marktplatz für eine Stadt, die politisch um sich ringt. Noch ist sie das nicht. Aber sie könnte es werden.
Ein besonders drastisches Beispiel für den Verfall der Diskussionskultur lieferte jüngst ein öffentlicher Kommentar von Gernot Kaser. In direkter Ansprache diffamierte er mich mit dem wiederholt verwendeten Spitznamen „He Lücht“, warf mir Manipulation, Inkompetenz und Feigheit vor, sprach von einem „Trojanischen Pferd“ und forderte meinen Rückzug aus der Politik. Ein klarer Verstoß gegen Regel 5 der Gruppe, die einen respektvollen Umgang vorschreibt und abwertende Äußerungen untersagt – und doch blieb dieser Beitrag unwidersprochen bestehen.
Gerade solche Fälle zeigen: Es reicht nicht, Regeln zu haben. Man muss sie auch durchsetzen. Und zwar konsequent, unabhängig von Namen oder Funktionen. Nur dann kann eine Gruppe wie „Wedel – Germany“ ihrem Anspruch gerecht werden, ein Ort für den offenen Austausch zu sein. Vielleicht beginnt der Weg dahin mit einem einfachen Zusatz:
„Bei politischen Themen legen wir besonderen Wert auf Sachlichkeit und konstruktiven Austausch. Pauschale Vorwürfe gegen Personen oder Institutionen ohne Belege sowie aggressiv-polemische Sprache sind hier unerwünscht.“
Ein kleiner Satz – aber vielleicht der erste Schritt zurück zu einer politischen Gesprächskultur, die diesen Namen verdient. Auch in Wedel.